Uckermärkisches Umami

Berliner Marktszene

Frühsommer auf dem Kollwitzmarkt. Mitten im fröhlichen Marktgewusel ein junger Mann hinter einem kleinen Stand, vor sich ein paar Körbe mit Austernseitlingen und Shiitakepilzen. Makellose Ware, aber keine Kunden. Hin und wieder ein bisschen geheucheltes Interesse. Dann endlich mal kein Schau-, sondern ein Kauflustiger, ein älterer Herr mit weiblicher Begleitung und beide offensichtlich mit dem Thema sehr vertraut. Das Gespräch drehte sich um Substratproduktion, Myzelentwicklung und Fruchtkörperbildung. Der junge Mann hinter dem Tresen erzählte von seinem und seines Geschäftspartners Start ins Pilzzuchtgeschäft, von ihren Erfahrungen und Zielen. Der ältere Herr kaufte eine Tüte Shiitake. Das schmeckt nicht süß, nicht sauer, sondern umami. Neugierig geworden, hörten wir das, worüber Andreas Kirbach, so der Name des Verkäufers, bisher nicht gesprochen hatte: „Weil die Restaurants, unsere wichtigsten Kunden, monatelang geschlossen waren, hatten wir die Idee mit diesem Marktstand.”

Besuch auf der Pilzfarm

Was das Besondere an ihren Pilzen sei, wollten wir wissen. Es folgte eine Einladung nach Petznick, einem 118-Einwohner-Dörfchen vor den Toren Templins am Rande des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin. Andreas Kirbach und Manuel Gross empfangen uns auf dessen Grundstück, das auch ihre Edelpilzfarm beherbergt. Im August 2019 gegründet, ist die Anlage noch ein „Farmchen”, aber sie soll wachsen – trotz Corona. Kirbach, 43, stammt aus Görlitz, studierte an der Freien Universität Biologie und promovierte mit dem Thema „Navigation und Kommunikation von Honigbienen” zum Dr. rer. nat. Der 37-jährige Gross ist in Parchim gebürtig, der Ausbildung zum Mechatroniker folgte eine über zehnjährige Tätigkeit in der Medizintechnik.

 

Anspruchsvolle Gewächse

Für beide war die Pilzzucht also Neuland. Dennoch schafften sie es schnell, sich in die fremde Materie einzufuchsen. „So kompliziert ist die Sache nun auch nicht”, erklären sie. Und weiter: „Man braucht ein sauberes Substrat aus einheimischen Laubhölzern und entsprechende Pilzbrut, mit der das Substrat geimpft wird, dann wachsen die Pilze. Wichtig ist es, in jeder Phase für die richtige Luftfeuchtigkeit und Temperatur zu sorgen und für die notwendigen Lichtverhältnisse.” Derzeit wachsen in ihrer Anlage Austern- und Kräuterseitlinge sowie Shiitake, die sagenhaften chinesischen Lieferanten von Umami. Dazu gibt es Weiße Buchenpilze sowie Pioppini, die Südlichen Ackerlinge. Sie gelten in Italien wegen ihres maronenähnlichen Aromas als Delikatesse.

Flucht nach vorn

„Solange wir auf die Gastronomie-Kunden verzichten müssen, ist eine Erweiterung der Sortenvielfalt natürlich kein Thema”, sagt Andreas Kirbach. Dafür verschicken die beiden Züchter jetzt Frisch- und Trockenpilze auch an Otto Normalverbraucher. Auch Andreas Kirbach und Manuel Gross hoffen auf ein baldiges Ende des Lockdowns. „Unsere wichtigsten Abnehmer sind eben Berliner Küchenchefs, und wenn deren Herde kalt bleiben, haben wir ein Problem”, sagt Kirbach und verweist auf das Frühjahr 2020. „Als Bandol sur mer, Mrs. Robinson´s, Barra, FREA, Otto und andere Kunden keine Pilze brauchten, weil sie geschlossen waren, hatten wir über 80 Prozent weniger in der Kasse.” Kirbach und Gross traten die Flucht nach vorn an und mieteten einen Stand auf dem Kollwitzmarkt in Prenzlauer Berg. Hier lernten wir die beiden kennen …

Frische Kappen
Henkinshainer Weg 11
17268 Templin OT Petznick
Tel. 0151 – 23 60 69 55
www.frischekappen.de

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