„Vergiss den Regenschirm nicht“, sagte Pedro Homar vor unserer Abreise. „Und pack am besten noch Gummistiefel dazu“, ergänzte Jens Janßen. Ich hätte auf die beiden Spanien-Kenner hören sollen. Aber wie das so ist bei Leuten, deren iberische Erfahrungen sich weitgehend auf Mallorca und Marbella beschränken, sie setzen dann doch auf Sandalen und Sonnenbrille. Beides allerdings ist in Galicien ebenso unangebracht wie eine Pelzmütze in der Sahara. Regen, Nebel und Wind prägen die Region im äußersten Nordwesten Spaniens.
Die beiden Männer stört das nasskalte Wetter nur wenig. Janßen sowieso nicht – er wuchs in Bremen auf, und da ist es meist nicht besser. Homar stammt zwar von der Sonneninsel Mallorca, aber auch ihm würde der melancholische Himmel wahrscheinlich nur dann aufs Gemüt schlagen, wenn ihre galicische Reise erfolglos verliefe. Alles andere jedoch war der Fall – das sei vorweggenommen.
Pedro Homar und Jens Janßen sind Geschäftsführer des Lebensmittelgroßhändlers Andupez. Das 1990 gegründete Unternehmen mit Sitz auf dem Gelände des Westhafens ist der Spanien-Primus seiner Branche, zumindest in Berlin wahrscheinlich aber auch darüber hinaus. Und damit das so bleibt, sind seine Chefs fünf- bis sechsmal im Jahr zwischen Barcelona und Sevilla unterwegs, immer auf der Suche nach Spezialitäten „Fabricado en España“. Auch ihre Reise ins Regenland Galicien diente diesem Zweck.
Costa de la Muerte
Wir fahren von Santiago de Compostela in Richtung Norden. Am Steuer Rosa Maria Mirás Antel. Gemeinsam mit ihrem Mann Antonio betreibt sie die Firma Porto Muiños – Las Verduras del Mar. Das Unternehmen ist der wichtigste Algenproduzent an der 1200 Kilometer langen Atlantikküste Galiciens. Der Begriff „Produzent“ beschreibt allerdings die Tätigkeit nur unzureichend. Rosa, Antonio und ihr Team sind in Wirklichkeit Sammler, Jäger und Verarbeiter.
Die Scheibenwischer geben ihr Bestes. Links und rechts der Autobahn grünes, hügeliges Land – Wälder, Wiesen, Weiden. Dazwischen immer wieder riesige Eukalyptushaine. General Franco hatte sie in den 1950er Jahren zur Holzgewinnung anpflanzen lassen. „Eine ökologische Katastrophe“, sagt Rosa. Die Monokulturen entziehen dem Boden extrem viel Wasser, so dass andere Bäume nicht mehr genügend Nährstoffe erhalten, der traditionelle Mischwald Galiciens verdrängt wird. Nach gut einer Stunde Fahrt erreichen wir die Costa del muerte im Nordwesten Galiciens. Steile Klippen, rauhe Granitfelsen von bizarrer Schönheit. Hunderte Schiffe zerschellten hier bei Sturm. Die Seefahrer prägten auch den Namen – Costa del muerte, die Todesküste.
Es herrscht Ebbe, das heißt, der Meeresspiegel ist um vier Meter gesunken. Wenn den Atlantik keine Stürme peitschen, können Antonio und seine Mit-Taucher Javi und Julian Algen ernten. „Coger“, sagen sie, „pflücken“. Die Wassertemperatur beträgt gerade mal 12 Grad, der Boden ist steinig, und um die Pflanzen dem Meer zu entreißen, bedarf es viel Kraft. Kein Job für Weicheier. 40 bis 80 Kilogramm bringen Antonio und seine Männer an Land, 20 verschiedene Sorten.
In den Wintermonaten gehen sie hier auch auf die Jagd nach Entenmuscheln, fingergroße Krebstiere, die sich an den Felsen festsaugen. Für die Delikatesse zahlen Feinschmecker gern ein kleines Vermögen. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema …
Cambre
Cambre, ein Dorf fünf Kilometer landeinwärts der Todesküste. Hier starten Rosa Maria Mirás Antel und ihr Mann 1982 ins Food-Geschäft. Was sie hatten, war nicht viel. Eine Idee, ein paar ausgediente Schweineställe und den unbedingten Willen, sich in der strukturschwachen Region etwas aufzubauen.
Es begann mit einer Championzucht, 1988 kamen die Algen hinzu. Damit machen sie inzwischen 2 Millionen Euro Umsatz jährlich. „Wir wissen, dass diese Produkte Zukunft haben“, sagt Rosa selbstbewusst.
Inzwischen interessieren sich nicht nur Gastronomen und Großhändler in Spanien, sondern auch in anderen Ländern dafür. Ein vielsagendes Lächeln. Sie hofft, mit den Andupez-Männern ausBerlin ins Geschäft zu kommen.
Und sie hat eine Menge zu bieten: Unbehandelte Algen, Wakame und Meeresspaghetti etwa, im Glas oder in der Dose, Tee mit Algen, Reis mit Algen, Algenpesto, Algensalat, Algentartar, frische Algen in Salz, getrocknete Algen, Agar agar. Dazu diverse weitere Konserven, Miesmuscheln beispielsweise und Seeteufelleber.
Das größte Problem der Unternehmerin: dass selbst Spitzenköche über Algen kaum etwas wissen, außer, dass man mit ihnen Austernauslagen und Fischbufetts dekorieren kann. So organisiert sie Kochseminare mit Algen in der eigenen Kochschule und schreibt an einem Algenkochbuch. „Was in Asien längst Alltagswissen ist, wollen wir auch in Europa popularisieren“, erklärt sie, „Algen sind nicht nur lecker sondern auch gesund, reich an pflanzlichen Proteinen, Vitaminen, Polyphenolen, Flavanoiden und Mineralstoffen. Und sie sind das älteste Antistressmittel der Welt.“ Pedro Homar und Jens Janßen, die Geschäftsführer des Berliner Spanien-Spezialisten, hat sie überzeugt. Das Unternehmen wird einige Produkte importieren.
Wir fahren von Santiago de Compostela in Richtung Norden. Am Steuer Rosa Maria Mirás Antel. Gemeinsam mit ihrem Mann Antonio betreibt sie die Firma Porto Muiños – Las Verduras del Mar. Das Unternehmen ist der wichtigste Algenproduzent an der 1200 Kilometer langen Atlantikküste Galiciens. Der Begriff „Produzent“ beschreibt allerdings die Tätigkeit nur unzureichend. Rosa, Antonio und ihr Team sind in Wirklichkeit Sammler, Jäger und Verarbeiter.
Die Scheibenwischer geben ihr Bestes. Links und rechts der Autobahn grünes, hügeliges Land – Wälder, Wiesen, Weiden. Dazwischen immer wieder riesige Eukalyptushaine. General Franco hatte sie in den 1950er Jahren zur Holzgewinnung anpflanzen lassen. „Eine ökologische Katastrophe“, sagt Rosa. Die Monokulturen entziehen dem Boden extrem viel Wasser, so dass andere Bäume nicht mehr genügend Nährstoffe erhalten, der traditionelle Mischwald Galiciens verdrängt wird. Nach gut ei
Es herrscht Ebbe, das heißt, der Meeresspiegel ist um vier Meter gesunken. Wenn den Atlantik keine Stürme peitschen, können Antonio und seine Mit-Taucher Javi und Julian Algen ernten. „Coger“, sagen sie, „pflücken“. Die Wassertemperatur beträgt gerade mal 12 Grad, der Boden ist steinig, und um die Pflanzen dem Meer zu entreißen, bedarf es viel Kraft. Kein Job für Weicheier. 40 bis 80 Kilogramm bringen Antonio und seine Männer an Land, 20 verschiedene Sorten.
In den Wintermonaten gehen sie hier auch auf die Jagd nach Entenmuscheln, fingergroße Krebstiere, die sich an den Felsen festsaugen. Für die Delikatesse zahlen Feinschmecker gern ein kleines Vermögen. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema …