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Schlicht und schön – Restaurant am Humboldthain

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Beginnen wir mit der Architektur. Im Jahr 2002 erwarben Martina Marx und Ihr Partner Ralf Krombholz, sie Architektin, er Denkmalpfleger, nach einer öffentlichen Ausschreibung ein altes Haus in der Brandenburger Altstadt, dessen Einsturz nur noch eine Frage der Zeit schien.

Sie investierten 585 000 Euro, sanierten das marode Gebäude sorgfältig und schufen neben Büros, Wohnungen und Gewerberäumen auch ein Restaurant. Das wollten die beiden vermieten, aber zwei Jahre lang hielt sich die Zahl der Interessenten in überschaubaren Grenzen. Also, entschieden Martina Marx und Ralf Krombholz mit der Ruhe gestandener Persönlichkeiten, wir machen es selbst.

Mit dem Wissen um die Prinzipien des Feng Shui richteten sie die Räume ein – geschmackvoll, harmonisch, schlicht – dem Ambiente gebühren drei Sterne.

Dann wurde Martina Marx beim Arbeitsamt mit der Bitte vorstellig, ihr einen Koch ohne Job zu vermitteln. Mit dem Koch wurde es nichts, eine Köchin kam ins Restaurant am Humboldthain – Magdalena Cupal-Schmitt.

Die gebürtige Polin, studierte Dolmetscherin und Späteinsteigerin ins Kochhandwerk avancierte schnell zum Geheimtipp und schaffte auf Anhieb 14 Gault-Millau-Punkte. Trotz dieses Lobes entschied sich Cupal-Schmitt gegen einen möglichen weiteren Aufstieg und für ihre Familie. Sie heuerte an der Brandenburger Fachhochschule als Mensaköchin an, und Martina Marx schaute traurig aus dem Fenster.

Gute Köche sind in der Brandenburger Provinz so selten wie ein Hai in der Havel. Der Abstieg des Restaurants aus der Hauben- in die kulinarische Allerweltsliga schien programmiert.

 

Doch das Glück verließ die Architektin nicht, diesmal schickte es einen kochenden Mann, 25-jährig, einen gebürtigen Brandenburger, der sich ein paar Jahre im Badischen umgetan hatte und den es nun wieder nach Hause zog.

Michael Wiesner heißt das junge Talent am Herd. Wiesner macht ordentlich Wirbel, serviert Regionales weit über dem Durchschnitt und ergatterte damit 13 Punkte im Gault Millau.

Sowohl die Tranchen von der Milchlammkeule mit Kürbis-Aprikosen-Gemüse und Joghurt-Minz-Sauce als auch das gebratene Saiblingsfilet auf Kartoffelschaum mit Pfeffer-Orangen-Nage waren handwerklich ohne Tadel und zeigten, was Wiesner und seine beiden Mitkämpfer Marco Lötzsch und Christian Mahlow auf der Pfanne haben.

Traditionell, aber keinesfalls bieder auch das Innereienragout mit Sauce Bernaise und Apfel-Schalotten-Confit. Mein Gott, weshalb ist anderswo im Land zwischen Fläming und Prignitz sowas nur so selten.

Diese Art bodenständiger Regionalküche mit jungen Ideen, wie sie im Humboldthain-Restaurant zelebriert wird, könnte ein Beispiel dafür sein, was im Land Brandenburg möglich wäre. Wenn dazu noch eine so respektable und ausgesprochen fair kalkulierte Weinkarte und ein kompetenter Service wie hier kommen, lohnt sich die Landpartie in jeder Hinsicht.

Restaurant am Humboldthain

Plauer Straße 1
14770 Brandenburg/Havel
www.am-humboldthain.de

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