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Leider GESCHLOSSEN! Restaurant SodaZitron – Östereichische Küche

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Auch Österreich ist nicht unbedingt ein Spinat-Land. Pro Kopf und Jahr kommen hier nur mickrige 1,4 Kilogramm zusammen, 300 Gramm weniger als in Deutschland. Dennoch gibt es zwischen Bregenz im Westen und Eisenstadt im Osten der Alpenrepublik einige spinatige Zubereitungen von erster Güte: in Vorarlberg sind es die Spinatspätzle, in der Steiermark die Spinatsemmeln und in Oberösterreich und Tirol die Spinatknödel. Eine durch und durch runde Sache ist dieser regionale Austro-Klassiker auch im Berliner Restaurant SodaZitron in Prenzlauer Berg nahe des Kollwitzplatzes – außen prall, innen flaumig, mit einem Hauch Knoblauch und leicht muskatig. Unser Berliner Teller!

Die Klassiker aus Österreich

Doch nicht nur die Spinat-, auch die Semmel- und Germknödel des Restaurants im Erdgeschoss des imposanten Eckhauses an der Kreuzung Kollwitz- und Sredzkistraße erweisen sich als hoch befriedigend. Das Gleiche gilt für weitere Alpenlandklassiker – etwa das Wachauer Weinbeuschel oder das Wiener Schnitzel. Darüber wird noch zu reden sein, denn zuerst sollte man sich im SodaZitron satt sehen, satt essen kann man sich später. Die Wände des Restaurants nämlich ziert Besonderes. Da sind Arbeiten der interessantesten Vertreter des Wiener Aktionismus versammelt – u. a. von Günter Brus, Otto Muehl und Hermann Nitsch; daneben Bilder von Cornelia Lochmann und Walter Niedermayr sowie Fotografien von Michael Kruscha und Ludwig Rauch. Arrangiert haben das vier in Berlin lebende Österreicher. Sie übernahmen Anfang 2022 das vormalige Wirtshaus zum dritten Mann, renovierten die in die Jahre gekommenen Räumlichkeiten und etablierten das SodaZitron. An der Spitze des Quartetts: Bernhard Moser.

Der Bernhard Moser? Genau der.

Gastronomen und Hoteliers wissen natürlich, um wen es sich handelt, auch den meisten kulinarisch einigermaßen interessierten Berlinern ist der 49-jährige Österreicher kein Unbekannter, das Business-Magazin Berlinboxx zählt ihn gar zu den 70 wichtigsten Köpfen der Hauptstadt. Kein Wunder: Moser ist Schulleiter, Festivaldirektor, Buchautor, meinungsstarker Kolumnenschreiber, gefragter Interviewpartner und – last but not least – Präsidiumsmitglied des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes und dort zuständig für die hauptstädtische Spitzengastronomie. Normalerweise ist der viel beschäftigte Mann im standesgemäßen Outfit unterwegs – Maßanzug, makelloses weißes Hemd, Seidenkrawatte, Einstecktuch. Im SodaZitron empfängt er uns in Kochklamotten, ein eher seltenes Bild. Nein, Küchenchef sei er nicht, eher Küchencoach und Geschäftsführer der SodaZitron GmbH, sagt er, zapft sich und uns ein heimisches Hirter Bier und strahlt dabei jene Gelassenheit aus, die Österreichern eben eigen ist. Zuweilen wechselt dieser Gemütszustand allerdings in eine hansmoserhafte Atemlosigkeit – erst ist seine Frau Sina am Telefon, dann ein stadtbekannter Kollege, einen Lieferanten schließlich verweist er an seine Restaurantleiterin. Der Tisch für ein abendliches Weinseminar muss gedeckt werden, die Serviceleute wollen Anweisungen, die Köche haben Fragen. Und dann noch diese Schreiberlinge, die wissen wollen, wie anstrengend es eigentlich ist, der Macher und Manager Berhard Moser zu sein, am besten garniert mit Geschichten aus seinem Leben…

Wie wär sein Werdegang?

1973 in Bramberg am Wildkogel, einer 4.000-Einwohner-Gemeinde im Salzburger Land geboren, absolvierte Moser eine landwirtschaftliche und eine gastronomische Ausbildung, qualifizierte sich zum Diplom-Sommelier, besuchte eine Handelsschule und studierte Betriebswirtschaftslehre, Abschluss Diplom-Kaufmann. Im Restaurant seines Bruders Andreas in Zell am See arbeitete er als Pâtissier, kam 2001 nach Deutschland – Stuttgart, Frankfurt, München, 2002 schließlich Berlin. „Das war sozusagen eine Rückkehr zu den Wurzeln meiner Familie“, sagt Moser und erklärt: „Meine Mutter Sabine stammt aus Berlin und ist die Tochter von Irene und Hermann Henselmann.“ „Henselmann“, lesen wir später, „war ein deutscher Architekt, dessen Wirken den Städtebau in der DDR der 1950er und 1960er Jahre entscheidend prägte. Als Chefarchitekt des Ost-Berliner Magistrats und Leiter des Instituts für Städtebau und Architektur der DDR-Bauakademie schuf er u. a. das Hochhaus an der Weberwiese in Berlin-Friedrichshain, das Haus des Lehrers und die Kongresshalle am Alexanderplatz und war maßgeblich am Bau der Stalinalle beteiligt.“ Bezugnehmend darauf sang Wolf Biermann: „Und Henselmann kriegte Haue / Damit er die Straße baut / Und weil er sie dann gebaut hat / Hat man ihn wieder verhaut.“
Bernhard Moser lächelt und beantwortet schnell die noch ungestellte Frage: „Wie es dazu kam, dass ich in Österreich geboren wurde? Meine Mutter lernte in Ost-Berlin einen österreichischen Bauingenieur kennen, der in West-Berlin arbeitete. Liebe, Hochzeit und, mit offizieller Genehmigung des Mauerstaates, Umzug in die Heimat meines Vaters.“

Visionär und Innovator

Anfang der 2000er in Berlin nahm Mosers Karriere richtig Fahrt auf. 2004 gründete er die Weinschule Berlin, 2008 erschien sein viel beachtetes Buch „Reine Geschmackssachen – Weil Genuss auch Kenntnis braucht“, 2010 schließlich rief er das Feinschmeckerfestival eat!berlin ins Leben, das sich in wenigen Jahren vom belächelten Mini-Event zu einem weltweit renommiertesten Gourmetspektakel entwickelte. 2019 zeichnete ihn die Marketinggeselschaft Partner für Berlin als „Gastronomischen Innovator“ aus – „Bernd Moser ist ein Visionär und ein Mensch, der nicht locker lässt“, hieß es in der Laudatio.

„Und ein großartiger Teamplayer“, fügt Pia Negri hinzu. Sie muss es wissen. Die 30-Jährige arbeitet seit immerhin sechs Jahren mit Bernhard Moser zusammen – als Organisatorin in seiner Weinschule, als Fotografin des eat!berlin-Festivals und seit 2022 als Restaurantleiterin des SodaZitron.
Pia Negri, geboren in Karlsruhe, aufgewachsen in Ludwigshafen, studierte an der Freien Universität Publizistik und Theaterwissenschaften. Beruflich folgte sie danach ihrem Hang zu allem Kulinarischen, betrieb einen Foodblog, schrieb Artikel für Genussmagazine, fotografierte Köche und deren Kreationen, eine erfolgreiche Medienkarriere bahnte sich an. „Möglich“, sagt sie, „aber ich bin nicht traurig, dass es anders gekommen ist.“
Als Restaurantleiterin ist Pia Negri Quereinsteigerin. Wer sie bei der Arbeit beobachtet, merkt allerdings schnell, dass sie alles besitzt, was für diesen Job wichtig ist: Persönlichkeit, Natürlichkeit, Empathie. „Sie kann die Servicebrigade führen und die Gäste lesen“, so Berhard Moser.

Die ausergewöhnliche Weinkarte

Wir blättern in der Weinkarte und merken schnell: Die Formulierung „nicht alltäglich“, das ist so ein Fall von typisch pianegrischem Understatement. Nein, das was da auf den 20 Seiten versammelt ist, verdient durchaus das Prädikat „herausragend“ und hätte es verdient, dass dazu permanent der Kaiserwalzer gespielt wird. Große Namen lassen grüßen: die Weingüter Anton Zöhrer und Gregor Wandraschek aus dem Kremstal; Allram, Angerer, Arndorfer, Bründlmayer und Jurtschitsch aus dem Kamptal; Alzinger, Muthenthaler und Tegernseerhof aus der Wachau. Dazu die Burgenlandwinzer Heinrich Gols, Hans Nittnaus, Claus Preisinger, Heidi Schöck, Tibor Szemes und Ernst Triebaumer; die Weingüter Polz und Tement aus der Südsteiermark und Grassl aus dem Carnunthum.

Nicht minder prominent ist übrigens die vinophile Offerte aus Deutschland…

Wie läuft es in der Küche?

Nach dem Blick in den Keller noch einen in die Küche. Hier läuft – klopf, klopf, klopf – das Mise en place für den signature dish des SodaZitron, das Wiener Schnitzel.

Bernhard Moser, der alte Fuchs, hat seine junge Küchenbrigade gut gecoacht. Das Wiener Schnitzel à la SodaZitron ist tatsächlich ein perfektes „kulinarisches Symbol Österreichs“: dünn plattiert, gleichmäßig etwa drei Millimeter dick, vorsichtig gesalzen, sorgfältig paniert, und in Butterschmalz so lange ausgebacken bis es „violinbraun“ ist – wie man in Wien sagt – und aussieht wie eine Düne in der Sahara. Außerdem hat Moser angewiesen, dass es nicht über den Tellerrand hinausragen sollte. „Wir wollen beim Wettbewerb ‚Wer kann’s am größten?‘ keinen Spitzenplatz, sondern servieren lieber zwei kleine Exemplare.“ Auch die Beilagen sind klassisch: Erdäpfel- und Gurkensalat sowie Preiselbeeren, die „apart“ aufgetragen werden, also in getrennten Schüsselchen. Allerdings hätten wir anstelle der Beeren eine traditionelle „Wiener Garnitur“ bevorzugt – Zitrone mit einer aufgerollten Sardelle und einer Kaper.

Und das Wiener Schnitzel?

Obwohl es neben dem Wiener Schnitzel auch ein Schnitzel Wiener Art und für Vegetarier ein Austernpilz-Schnitzel gibt – Mosers Erfindung – eine Schnitzelbude ist das SodaZitron natürlich nicht. Dagegen spricht die lange Reihe weitere Klassiker vom Backhendl über den Tafelspitz, der übrigens ganz so serviert wird, wie es sich gehört – in zwei Gängen nämlich – bis zum Zwiebelrostbraten. Das ist österreichische Küche mit Twist, die mein Freund Thorsten „einfach geil“ nennt und dabei sowohl die alte küchendeutsche als auch die zeitgenössisch saloppe Bedeutung des Wortes im Kopf hat.

Restaurant SodaZitron ist leider dauerhaft geschlossen!
Kollwitzstraße 87
10435 Berlin

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