Frauen am Herd – Sonja Frühsammer
Ein Abendessen mit Freunden im Frühsammers Restaurant. Sonja Frühsammer serviert Visitenkarten ihrer Kreationen und gleichzeitig ungeheuer geschmacksintensiven Küche: Frische Entenleber, Mispeln, Brioche – Hummer, Galiamelone, Erbsen, Minze – Maibozk, Gatower Kugeln, Sellerieravioli, Erdbeerchutney – Banane, Mate, Schokolade.
Was diese Frau kocht, ist state oft he art in Berlin. „Sie ist heute schon besser als ich jemals an der Rehwiese war“, sagt Peter Frühsammer mit dem Rück-Blick auf sein früheres Restaurant in der Zehlendorfer Matterhornstraße, über dem von 1985 bis 1991 ein Michelin-Stern strahlte. Dann gebraucht der eher sachliche Mann im Zusammenhang mit seiner Frau und deren Kochkünsten ein Adjektiv, das man sonst selten von ihm hört: begnadet.
Selbst wenn man den Ehegatten-Bonus vernachlässigt, das uneingeschränkte Lob für eine Küche bleibt, deren Kern die Orientierung an den besten verfügbaren Produkten ist. Zum Thema “Spargel“ heißt es in ihrer Karte zum Beispiel: „Der bei uns verwendete Spargel kommt von Landwirt Jochen aus Beelitz. Er wird ohne Folie, ohne künstliche Dünnung, mit Pferdebewirtschaftung erzeugt.“ Konsequent verzichtet Sonja Frühsammer auch auf Produkte existenzbedrohter hormongeschädigter und stopfgemästeter Tiere, und genauso überzeugt richtet sie sich nach dem Angebot des Marktes. Das ist das eine. Das andere: eine ungemein sensible Feinabstimmung ihrer Gerichte. Versuchen Sie beispielsweiser mal das Geheimnis von „Pulpo, Secreto, Bohnen und Liebstöckel“ zu lüften!
Die ehemalige Villa der Sängerin Fritzi Massary am Flinsberger Platz, seit 1931 Domizil des Grunewald Tennisclubs, trägt seit nunmehr drei Jahren ein kleines Schild – Frühsammers Restaurant. Hier versuchen Peter und Sonja Früsammer den nicht mehr ganz einfachen Spagat zwischen Club- und Gourmetgastronomie: er als Gastgeber vor und sie als Küchenchefin hinter den Kulissen. Da werden mittags Schnitzel mit Bratkartoffeln für hungrige Tennisspieler serviert, abends Seezunge mit Brunnenkreesecanneloni und manchmal beides gleichzeitig. Das verstehen nicht alle, und das ist sicher auch nicht leicht. Die Berliner Meisterkoch-Jury jedenfalls hatte keine Probleme, wählte Sonja Frühsammer zur Aufsteigerin des Jahres 2008 und nomminierte die 42-Jährige in diesem Jahr sogar für den Meisterkoch-Titel. Bleibt noch die Frage, ob solche Art Club-Gastronomie wie sie Sonja und Peter Frühsammer praktizieren, in das prätentiöse Wertungssystem des Guide Michelin passt – wir vermuten mal, eher nicht, aber Überraschungen sind selbst bei den Altkulinarikern möglich.
Natürlich ist die Küchenchefin die das Rampenlicht öffentlicher Aufmerksamkeit meidet, wo sie nur kann, stolz auf diese Ehrungen. Ein Star ist die deswegen allerdings noch lange nicht. Sonja Frühsammer mag große Gesten ebenso wenig wie laute Sprüche, Talkshows und Titelbilder sind nicht ihr Ding. Ihre Küche gilt als allürenfrei, freundlich, geduldig.
Und wenn es mit dem Michelin-Stern oder der Meisterköchin nicht klappen sollte – einen Titel hat Sonja Frühsammer nicht als Köchin sondern als Dressurreiterin. Platz 1 bei den Ostdeutschen Meisterschaften der Islandpferde. Glückwunsch, Sonja
Frühsammers Restaurant
Flinsberger Platz 8
14193 Berlin-Wilmersdorf
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