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afrikanisch – Restaurant Abissinia

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Geschichten, die das Leben schreibt: Zum Beispiel die von Dantina Woldebruk-Horst und Solomon Haile Mariam. Sie ist Inhaberin, er Küchenchef des Restaurants Abissinia in Berlin-Schöneberg, das äthiopische und eritreische Küche anbietet. Die junge Frau landete im Januar 1990 in Berlin – nach einer Odyssee, die sie von Asmara, der Hauptstadt Eritreas, ihrer Heimatstadt, via Khartoum nach Deutschland geführt hatte. „Weshalb ausgerechnet Berlin und warum der Umweg über den Sudan?“ – „Nur dort gab es falsche Visa und die auch nur für Deutschland.“

Dantina Woldebruk-Horst lacht, damals wird ihr weniger danach gewesen sein. Sie war 16, allein und konnte kein Wort Deutsch. Hinter ihr lagen die politische Verfolgung der Familie in Eritrea, vor ihr die Wirren der Wende in Deutschland. Asylantrag, Sprachkurs, Realschulabschluss, Ausbildung zur Damenschneiderin – was biografisch so glatt klingt, war es natürlich nicht. Sie ertrug rassistische Pöbeleien, die Ehe mit einem Deutschen scheiterte, ihre Firma baute Arbeitsplätze ab.

Dantina Woldebruk-Horst ging kellnern, ihr natürlicher Charme kam an. Nach einigen Service-Stationen in verschiedenen Stadtbezirken kam sie schließlich nach Kreuzberg ins Willy-Brandt-Haus. Das Restaurant der SPD-Parteizentrale hat sie in besonders guter Erinnerung. „Hier herrschte eine angenehme Atmosphäre“, sagt sie. „Ich war nicht Tellertaxi, schnell, schnell, hopp, hopp, sondern meine Arbeit wurde geschätzt.“

Manchmal fragt sogar einer der Politprofis nach ihrem Werdegang. Wenn sie dann erzählte, spürte sie Hochachtung. Das macht sie stolz und auch ein bisschen mutig – und so beschloss sie, den warmen Ofen des Angestelltendaseins mit dem kalten Wasser der Selbstständigkeit zu tauschen. Sicherheit gegen Risiko, festes Gehalt gegen unkalkulierbare Einnahmen. Gesagt, getan. Am 3. September 2010 eröffnete die Kellnerin Dantina Woldebruk-Horst mit einer Freundin, Köchin von Beruf, im Schöneberger Kiez das Restaurant Abissinia. Zwei starke Frauen, die es allen zeigen wollte, was mit Energie und einem guten Konzept möglich ist.

Doch nach drei Wochen stieg die Köchin aus, und Dantina Woldebruk-Horst hatte die gemeinsamen Schulden von 40.000 Euro allein am Hals. Sie heulte sich in den Schlaf, dachte ans Aufgeben und sagte sich schließlich doch: „Du musst kämpfen.“ Sie tat’s, und es ging bergauf. Erst stand sie selbst am Herd, seit einem Jahr hat das Abissinia wieder einen Küchenchef – Solomon Haile Mariam.

Der 45-Jährige stammt aus der Region Harrarge im Westen Äthiopiens. Als er die High School absolviert hatte – damals regierte am Horn von Afrika die Millitärdiktatur von Mengistu Haile Mariam – schickte ihn das Regime zum Studium in die Tschechoslowakei, Fachrichtung Fahrzeugbau.
Nach Bürgerkrieg und Machtwechsel in Äthiopien blieb Solomon Haile Mariam in Europa, kam nach Deutschland, wurde Koch und heuerte nach einigen Stationen schließlich im Abissinia an.
Hier serviert er die Nationalspeise Injerra, säuerliche Brotfladen, die aus dem Mehl der ostafrikanischen Getreideart Teff zubereitet werden und zu jedem Gericht gehören: Zum Beispiel zu Doro Wot, einer scharfen Sauce mit Hühnerfleisch und gekochtem Ei oder zu Siga Wot, gebratenen Rindfleischstücken, ähnlich unserem Gulasch.

Das alles schmeckt angenehm würzig und ist magenfreundlich, weil Solomon mit wenig tierischem Fett kocht. Dass traditionell mit den Fingern gegessen wird, daran gewöhnt man sich schnell.
Besonders beliebt sind außerdem der Abissinia-Gewürztee und die Kaffeezeremonie, die jeden Freitag und Samstag im Restaurant abgehalten wird.
Also: „Danáwollu!“ Das ist amharisch und heißt „Auf Wiedersehen“.

Abissinia Restaurant

Grunewaldstraße 82
10823 Berlin-Schöneberg
www.abissinia-berlin.de

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