Neues Restaurant Altes Zollhaus
Herbert Beltle ist ein Mann der Konstanten. Wer den Gastronomen lange kennt, weiß das. Fixe Ideen sind nicht sein Ding. Rein in die Kartoffel, raus aus den Kartoffeln und das binnen Wochenfrist, über solche Art Gastronomie kann Beltle nur müde lächeln. Über schnelle Entscheidungen allerdings nicht.
„Ich fuhr mit dem Auto nach Hause, nach Moabit und dachte über das Zollhaus und dessen Zukunft nach. Verpachtung? Erneuerung? Etwa in Höhe des Brandenburger Tores fasste ich einen Entschluss, rief meine Architektin Heide Hagen an und schon am nächsten Morgen machten wir uns an die Arbeit.“ Das Ergebnis ist bekannt.
Beltle verpasste seinem „Stammhaus“ eine behutsame Runderneuerung – sowohl was das Ambiente als auch die Speisenkarte betrifft. Mit dem wichtigsten Grund dafür, hielt er ebenfalls nicht hinter dem Berg: „Es gab schon eine gewisse Not, denn die Umsätze gingen zurück, zwar nicht dramatisch, aber dennoch“.
Natürlich wirkt das Wort „Not“ aus Herbert Beltles Mund – na, sagen wir mal – eigenartig, aber sei´s drum. Der Mann ist schließlich Schwabe. In kurzer Zeit jedenfalls wurde umgebaut. Die in die Jahre gekommene barocke Gemütlichkeit wich einer zeitgemäßeren Form – klar, warm und wohnlich, in angesagten hellen Farben gehalten, geschickt arrangiert, mit neuen Bildern und allerlei abgefahrenen Details. An den Wänden Jugendstilkacheln aus Brandenburg, eine lange Bank aus heller Eiche und als Blickfang ein Tisch, meterlang und von einer kleinen Berliner Schreinerei aus einem einzigen alten Baum gefertigt.
Die Wirkung des Relaunchs ist vor allem deshalb frappierend, weil die Neuerungen so leise daherkommen.
„Eigentlich sieht man sie erst auf den zweiten Blick“, so ein Stammgast. Deutlicher wird da schon die Modernisierung des kulinarischen Konzepts.
„Mit unserer konsequent Berlin-Brandenburger Küche wollen wir ein Zeichen setzen“, so Beltle. Das ist der Zollhaus-Mannschaft schon mit der ersten Speisenkarte gelungen. Leipziger Allerlei, Gebackenes Kalbsbries, Tellersülze vom Landhuhn, Berliner Bollenfleisch, Königsberger Klopse und die anderen Gerichte-Klassiker sind kulinarisches „Fach-Werk“ im besten Sinne. Haute Hausmannskost, handwerklich perfekt, alles andere als provinziell, dass heißt mit jenem Kick ausgestattet, der beim Gast Zufriedenheit erzeugt.
Hochgefühle schließlich kommen auf, wenn Restaurantleiterin und Sommeliere Christiane Dutschmann, sein anderthalb Jahren in Zollhaus, Aal grün mit Gurken-Schmand-Salat serviert. So schlicht es klingt, das ist schon großes kulinarisches Kino. Und das behagliche und dennoch klare Ambiente doppelt den Genuss.
Verantwortlich dafür sind Günter Beyer und seine Brigade. Vor 25 Jahren übernahm Beltle das Alte Zollhaus, seit 18 Jahren ist der Mann aus Bad Kissingen dessen Küchenchef. Seitdem hat er schätzungsweise 400.000 Brandenburger Bauernenten ins Rohr geschoben und 100.000 Portionen Katalanische Crem zubereitet. Doch nicht deshalb, sondern weil beide Gerichte zum Zollhaus gehören, wie das Amen zur Kirche, bleiben sie auf Beyers Speisekarte. Konstanten haben eben schon etwas für sich, Überraschungen gibt es im gastronomischen Leben schließlich genug.
Altes Zollhaus
Carl-Herz-Ufer 30
10961 Berlin-Kreuzberg
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