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Kreuzberg kochte 2010

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Berliner Straßenfeste bieten nur selten kulinarisch Besonderes – glutamattriefende Chinapfannen, fettige Nackensteaks und fade Riesenbratwürste dominieren – gleich, in welchem Bezirk gefeiert wird.

Das war jahrelang auch auf dem Kreuzberger Bergmannstraßenfest so. Live-Musik vom Feinsten und Convenience-Verpflegung vom Ärgsten, irgendwie passte das nicht zusammen. Die Diskrepanz schlug nicht nur vielen Gästen, sondern auch einigen Kreuzberger Gastronomen auf Gemüt und Magen.

Eine Idee wurde geboren, Partner gesucht, ein Name gefunden. Herbert Beltle, der gastronomische Platzhirsch in Kreuzberg, avancierte zum Spiritus rector des Projektes. Im Juni 2003 hieß es dann zum ersten Mal „Kreuzberg kocht“.

Sechs Restaurants präsentierten am Chamissoplatz ihr kulinarisches Können, sechs Küchenchefs, die besten des Bezirks, servierten selbst: neben Herbert Beltle (Altes Zollhaus), Pasquale Ciccarelli (Bar Centrale), Dieter Kaldewey (Riehmer´s), Thomas Kurt (e.t.a. hoffmann), Sven Reschke (Svevo) und Stefan Wiegand (freßco). „Wir hatten mit allem gerechnet, nur nicht mit diesem Ansturm“, erinnert sich Beltle. Entenlebermousse, Lachs-Zander-Roulade, Trüffelreispraline und Katalanische Crème trafen den Nerv der Gäste.

Obwohl die Besetzung in den folgenden sieben Jahren einige Male wechselte, wuchs „Kreuzberg kocht“ vom kulinarischen Experiment zur festen Größe, stieg vom fröhlichen Provisorium unter Rot-Kreuz-Planen zum perfekten Dinner im Haus-Zelt auf und war 2010 erfolgreicher denn je.

Herbert Beltle, Pasquale Ciccarelli und Thomas Kurt, drei aus der Gründertruppe von 2003, waren auch in diesem Jahr noch dabei. Hinzu kamen Stefan Hartmann (Hartmanns), Willi Longin (Riehmer´s), Oliver Marzahn (Hof zwei im Mövenpick-Hotel am Anhalter Bahnhof), Andreas Staack (Noiquattro) und Benjamin Stoeckel (Le Cochon bourgeois).

Vor drei Jahren versuchten Küchenchefs anderer Bezirke, das Modell zu kopieren. Im Mai 2007 beispielsweise kochte Prenzlauer Berg und im September des gleichen Jahres hieß es „Spandau kocht“. Beide Veranstaltungen jedoch floppten, ebenso übrigens wie der Versuch, im vorigen Jahr mit „Taste of Berlin“ nach dem Londoner Vorbild ein kulinarisches Hauptstadt-Festival aufzuziehen.

Was macht „Kreuzberg kocht“ nur so erfolgreich?, fragten sich dessen Organisatoren. Die Antwort gibt Herbert Beltle: „Wir Kreuzberger Küchenchefs planen unser Fest selbst, ohne Agenturhilfe oder Managerunterstützung. Wir versuchen, mit unserem Angebot den Nerv der Gäste zu treffen – sowohl was die Speisen und Weine als auch was deren Preis angeht.“

Und mit vielsagendem Lächeln fügt er den vielleicht entscheidenden Satz hinzu: „Wir sind keine zusammengewürfelte Truppe, sondern ein Team.“

„Kreuzberg kocht“ ist keine Party auf Knopfdruck. Motto: Wir kochen – so, nun kommt und feiert mal. An den drei Junitagen entsteht im Küchenzelt am Chamissoplatz eine authentische Stimmung, deren Ursache darin liegt, dass Köche und Gäste Spaß daran haben, in solcher Atmosphäre Teller anzurichten, Gerichte zu testen und darüber zu reden. Das ist nicht austauschbar und schon gar nicht kulinarisch beliebig.

Ein mögliches Menü: Wiesenkräutersuppe mit Schwammerlknödel, Bachsaibling mit Kartoffel-Apfel-Püree, Gesottenes Schulterscherzl vom Rind mit Senfgemüse und Rote-Bete-Schmand und Katalanische Crème mit Blaubeeren in Cassissauce. Preis 24 Euro und ein rundum gutes Gefühl.

Kreuzberg hat gekocht und wieder mal bewiesen, dass die Gastronomie des Bezirkes ein Berliner Markenzeichen ist.

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