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Wildkräuter auf italienisch – Café Botanico

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Alle Zeitgenossen, die aus ihren Gärten und Gärtchen freudlose Grünflächen machen, indem sie den Rasen auf Golfplatz-Gardenmaß halten und auch noch das letzte Gänseblümchen daraus verbannen, muss der Permagarten von Martin Höfft wie die Inkarnation des Anti-Gartens vorkommen, wie ein grünes Chaos. Höfft spricht dann von der „Verwahrlosung als Naturierungsprinzip“, von der „Verbesserung der Bodengesundheit durch Biomaterial“ und vom „Erhalt der Biodiversität“ und erklärt geduldig das Prinzip Permakultur (permanent agriculture). „Es bedeutet“, so der 44-Jährige, „dass man das Land nach dem Vorbild der Natur bebaut, indem man die natürlichen Kreisläufe und Ökosysteme nutzt.“

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Im Café Botanico herrscht Vielfalt statt Einfalt

Die meisten Besucher des grünen 1.000-Quadratmeter-Areals, dass sich da eingeklemmt zwischen hohen Häuserwänden, nur ein paar Minuten Fußweg von der U-Bahnstation Karl-Marx-Straße entfernt ausbreitet, empfinden zwar die Magie des Ortes, verstehen aber nur „Bahnhof“. Wenn Höfft allerdings das Prinzip „Vielfalt statt Einfalt“ beschwört, da ein Blättchen Pfefferkraut und dort ein Stängelchen Pimpinelle zupft und zur Verkostung reicht, wird auch die Petersilie-Schnittlauch-Fraktion wach. „Das alles kann man essen?“

Das und noch viel mehr. Echter Kerbel, Krause Minze, Wilde Möhre, Sibirisches Tellerkraut und Türkischer Drachenkopf, Gemüseampfer und Gewürzfenchel, Kantenlauch, Lungenkraut, Muskatgarbe, Parakresse. Senfrauke, Süßdolde, Venuskamm und Wasserminze – 62 wilde Kräuter und altes Gemüse stehen derzeit auf einer Liste, die in Höffts Café Botanico die Speisekarte ergänzt.

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„Insgesamt wachsen in unserem bio-zertifizierten Permagarten rund 200 essbare Arten“, erklärt er, „die wir saisonal ernten und verarbeiten.“ Höfft, spätestens jetzt muss das mal gesagt werden, ist kein gelernter Gärtner. Der Mann stammt aus Wiesbaden, hat Geografie studiert und arbeitete als Manager in der Call-Center-Branche. Als seine Firma 2010 von Den Haag nach Berlin zog, ging er mit. Er suchte für seine Familie eine Wohnung mit Garten und fand eine Wohnung mit Garten – in Neukölln.

Es geht italienisch im Botanico zu

Er machte die vermüllte Parzelle urbar und begann mit der Permagärtnerei. „2014 haben wir dann das Café Botanico eröffnet, sozusagen als Vermarktungsort für die Erträge des Gartens“, erzählt er. Dass es dort ziemlich italienisch zugeht, liegt daran, dass Höffs Schwiegervater Italiener ist – Römer – und dazu noch Koch von Beruf. Dementsprechend heißen die Frühstücksangebote Napoletano, Botanico oder Botanico Vegetariano. Die Nudeln sind hausgemacht und werden mit einem Wildkräutersalat, der den Namen wirklich verdient oder mit Wildschweinragout serviert. Wer auf sardische Bio-Weine steht, bitte schön, die Tenuta Olianas lässt grüßen. Noch besser allerdings fanden wir die Botanico-Limonade, natürlich mit Kräutern aus dem eigenen Garten.

„Permakultur ist das Schaffen von kleinen Paradiesen auf der Erde. Als Ethik nachhaltiger Landnutzung fordert sie Kreativität und gleichzeitig die Gabe, die Natur geduldig zu beobachten und von ihr zu lernen.“

Bill Mollison (1928-2016) erhielt 1981 für seine Arbeiten zur Permakultur und als Förderer dieses nachhaltigen organischen Anbausystems den Alternativen Nobelpreis.

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Café Botanico

Richardstraße 100
12043 Berlin
Tel.: 0175 / 11 12 055
www.cafe-botanico.de

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