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Germknödel im Häppies

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Hefeklöße, das kannten die Leute, aber Germknödel?

Doch die Zeiten ändern sich, mit ihnen die Menschen und schließlich auch die Begrifflichkeiten.

Im Falle des Hefekloßes, der eigentlich aus Schlesien stammt, ist der Süden nach Berlin geschwappt, und Uli Marschner serviert also Germknödel. Häppies, sagt sie. Glücksboten.
Sie zeigt das bunte Bild einer unbekannten kleinen Künstlerin, vielleicht vier, fünf Jahre alt. Die Biene Maja; Anton, der Rabe; ein namenloser Schmetterling. Schäfchenwolken, eine Blumenwiese und drei sonnengelbe Gesellen mit fröhlichen Gesichtern. So sehen Häppies aus. Ein bisschen schief, ein bisschen krumm, wie ein leicht missglückter Klops, einer der aus der Hand geflutscht und auf den Boden geklatscht ist. Uli Marschner will das so. Man muss nicht perfekt sein, um schön zu sein, so heißt die Botschaft der jungen Frau. Hauptsache man ist glücklich.

Interview mit Uli Marschner

Germknödel also – und UliMarschner.

„Sind Sie Österreicherin?“
„Nein, ich komme aus Sachsen.“

„Weshalb dann Germknödel?“
„Das klingt besser als Hefeklöße, und jeder weiß trotzdem, was das ist.“

„Wieso hört man eigentlich nicht, dass Sie Sächsin sind?“
„Mein Vater hatte nach der wende im Westen einen Job gefunden. Als er zum ersten Mal nach Hause kam, sagte er, dass ich Hochdeutsch sprechen soll, damit man mich woanders versteht und was aus mir wird. Da war ich sechs.“

„Und?“
„Ich habe auf ihn gehört.“

Uli Marschner, inzwischen 32, wurde in Halle/Saale geboren und wuchs in Nünchritz auf, in der Nähe von Riesa. Nach dem BWL-Studium in Dresden ging sie nach Hamburg und wurde Werbetexterin.

Ihr Arbeitgeber: Jung von Matt, der Branchenkrösus, dementsprechend rosig die Karriereaussichten. Trotzdem schmiss sie nach einem knappen Jahr den Job.

Ihr Vater war dermaßen schockiert, dass er fragte, ob sie Drogen genommen habe. Hatte sie nicht, dafür aber eine Idee. Doch erstmal packte sie ihren Rucksack und zog nach Indien und Südostasien. „Selbstfindungstrip?“ „Nö, kulinarische Inspirationsreise.“ Doch weder Aloo Gosht noch Kheema Matar, Masala Vata oder die anderen Köstlichkeiten des Subkontinents interessierten Uli Marschner wirklich, sie hatte nur eins im Kopf: Germknödel. „Es waren wohl die Winterferien mit meinen Eltern in Österreich, die mich auf den Geschmack gebracht hatten“, sagt sie heute. Und ihrem Vater schickte sie eine SMS: „Papa, ich mache was mit Germknödeln.“ Die Reaktion – Sprachlosigkeit.

Und so ließ sie Taten folgen

zog nach Berlin, in die Welthauptstadt der Nischen. „Mir war klar, dass ein solches Experiment nur in Berlin eine Chance hat, weil hier zählt, wer sich was traut.“

Ulli Marschner startete ihr Projekt „Germknödel“ mit einer dreistufigen Strategie, die auch ausgebuffte Unternehmensberater nicht besser entwickelt hätten.

Phase eins: Marktanalyse. „Außer tiefgekühlter Vergiss-sie-Ware konnte ich nichts finden.“

Phase zwei: Supperclubtest. „Gemeinsam mit einer Freundin habe ich jede Woche zum Germknödelessen eingeladen – mit wachsendem Zuspruch.

Phase drei: Crowdfunding. „Über 13.000 Euro sind in nur drei Monaten durch diese moderne Alternative zu den langwierigen und meist erfolglosen Möglichkeiten einer der Gründungsfinanzierung zusammen gekommen.“
Dann ging es rund. Objektsuche, Ladenausbau, Rezeptentwicklung, Preisgestaltung, Mitarbeiterschulung. Eröffnung am 9. Mai 2013 in einer ehemaligen Bäckerei in Prenzlauer Berg. Die Blogger jubelten zuerst, dann folgte der Rest der Medienwelt. Alle Überschlugen sich vor Begeisterung. „Ein Klops-Lokal wie das von Edek und Zofia (das wahnsinnig erfolgreiche, allerdings fiktive New Yorker Restaurant aus dem Roman ‚Chuzpe‘ von Lily Brett, d. Red.) hat in der deutschen Hauptstadt noch nicht eröffnet. Dafür aber ‚Häppies‘.“
Häppies – so nannte Ulli Maschner ihren Laden, so nennt sie ihre Knödel und zuweilen auch ihre Mitarbeiter – Häppies sind in aller Munde. Sie verkauft das Glück, das war auch schon früher in der Werbung ihr Geschäft. Einziger Unterschied: Das Häppie-Business ist ein redliches Business.

Sechs verschiedenen Sorten Germknödel gibt es , und alle haben Namen. Unser Favorit: Häppie Bärbel – gefüllt mit Ziegenweichkäse, Wildblütenhonig und gerösteten Walnüssen, dazu Rucola-Cashewnut-Pesto und Rosmarin-Cranberries on Top.
„Und was sagt Ihr Vater heute?“ „Der ist happy und macht eine Rhabarberlimonade zu meinen Häppies.“

www.haeppies.de

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