Das Genussnetzwerk für Essen, Trinken & Lebensart

Geschichte eines Süße-Sünden-Ladens

8.761

Sabine Dubenkropp mag es offenbar amerikanisch – zumindest, was den Umgang mit Urkunden und Zeugnissen betrifft. Die Belege fachlicher Qualifikation und beruflichen Erfolgs füllen – fein gerahmt und hinter Glas – in ihrer Confiserie Mélanie in der Charlottenburger Grolmanstraße eine ganze Wand. Schaut, hier ist nicht irgendein Schokoladen-Schmied am Werk, sondern ein Bachelor of Science Culinary Arts und ein Winner of World Chocolate Masters. Und das wirkt sicher auch ein bisschen geschmacksverstärkend, obwohl das die Dubenkroppschen Kreationen nun wirklich nicht nötig haben. Ihre süßen Köstlichkeiten sind von Praline bis Plätzchen tatsächlich von selber Güte, kein Wunder, dass ihre Confiserie schon mal mit dem Schlaraffenland verwechselt wird.


Die Geschichte dieses Süße-Sünden-Ladens beginnt in den frühen 1950ern. Von Mélanie Heilborn-Mork in der Charlottenburger Goethestraße gegründet, übernahm1967 Eberhard Päller das winzige Geschäft. Der gelernte Konditor und ehemalige Schiffskoch machte mit für die damalige Zeit geschmacksrevolutionären Kompositionen – Trüffel mit Knoblauch etwa – schnell Furore und die Confiserie zur deutschlandweit bekannten Adresse. Als Päller sich zur Ruhe setzte, kam 2008 in dritter Mélanie-Generation Sabine Dubenkropp.

Die 39-Jährige, aufgewachsen in Lübars, hatte bei Siemens Industriekauffrau gelernt und fünf Jahre lang Betriebsrenten bearbeitet, den Führer- und den Trainerschein gemacht – „Hockey, Feld und Halle“ – und war dennoch weder mit sich noch der Welt zufrieden.

Der Entscheidung für „was Kreatives“ folgten eine Kochlehre im Berliner Excelsior Hotel und Stationen im Westin Grand an der Friedrichstraße, im Tegernseer Tal und in Harald Rüssels Naurather Landhaus. „Die Patisserie wurde zunehmend mein Ding.“ Rückkehr nach Berlin, Einstieg bei der Confiserie Mélanie, zuerst noch in der Goethestraße, seit 2013 dann im neuen Laden, größer, heller und ziemlich retro, aber das passt gut zur Gegend.

In einer offenen Werkstatt fertigt Sabine Dubenkropp in Handarbeit ihre verführerischen Spezialitäten, allesamt kleine Unikate. 92 Pralinensorten gibt es – nicht immer jede – aber die Klassiker schon: Earl Grey, Grand Marnier, Himbeere, Lavendel, aber auch Mampe und Meerrettich. Dazu Plätzchen und Torten zum Niederknien, erstklassigen Kaffee, aber nicht „to go“, sondern nur „sit down“, exzellente Schokoladen aus anderen Manufakturen von Blanxart in Barcelona bis Lauenstein in Ludwigstadt, diverse Feinkostprodukte. „Die Confiserie Melanie, das ist kreativ-köstlicher Mittelstand at it´s best“, hat einer ins Gästebuch geschrieben, und dem ist nichts hinzuzufügen.

Oder doch?
Sonntag, 11.00 Uhr morgens in Charlottenburg. Rund um den Kurfürstendamm herrscht städtische Stille. Selbst am sonst wuseligen Savignyplatz nur ein paar Brötchenholer und Hundasufüher. Das einzig Auffällige: eine Gruppe fröhlicher junger Frauen vor der Confiserie Mélanie in der Grolmanstraße; wir treffen sie später in Sabine Dubenkropps Schokoladenwerkstatt wieder. Sie stellen sich vor: Elvira, Wissenschaftsmanagerin – Iris, Volkskundlerin – Jana, Mediengestalterin – Roswitha, Bilanzbuchhalterin, alle mit einem gewissen Hang zu den süßen Seiten des Lebens, zumindest den schokoladigen.

Die Gründe ihrer Teilnahme am sonntäglichen Pralinenkurs von Sabine Dubenkropp allerdings sind verschieden: Wissensdurst, Kreativitätsdrang, Erlebnishunger oder einfach nur der Wunsch, zu Hause eigene Pralinen anbieten zu können.

Die Chocolatiere zitiert Alexander von Humboldt: „Kein zweite Mal hat die Natur eine Fülle der wertvollsten Nährstoffe auf einem so kleinen Raum zusammengedrängt wie bei der Kakaobohne.“ es folgen die Basics – Kakaogeschichte, Edelkakao, Konsumkakao, Mischungen aus beiden, Schokoladensorten, Geschmackstests und Gewürztipps. „Langer Pfeffer passt wunderbar in die süße Küche.“ Dann kommt die Praxis – „schnell, schnell, schnell ist beim Thema Schokolade der völlig falsche Weg.“ Die Damen legen sich ins Zeug, fertigen Vollmilch- und Zartbittertrüffel und erkennen, dass auch hier noch kein Meister vom Himmel gefallen ist.

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Cookies, um Ihre Erfahrung zu verbessern. Wir gehen davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, Sie können diese jedoch abmelden, wenn Sie dies wünschen. Akzeptieren Mehr erfahren