Der Einzug der Jackfruit in die vegetarische Küche
Noch Mitte der 1980er Jahren erlebten Gäste, die vegetarisch essen wollten, in den meisten deutschen Restaurants ihr blaues Wunder.
Wer Glück hatte, bekam Pommes mit Erbsen oder ein Omelett mit Pilzen. Für die meisten Vegetarier – in der Küchensprache „Foodkrüppel“ – hieß es allerdings: Beilagen essen und Sprüche ertragen. „Was ist das beste an einem vegetarischen Menü?
Die Currywurst danach.“ Hahaha. Heute lacht über sowas keiner mehr. Die Zahl der Vegetarier in Deutschland hat sich seitdem verfünfzehnfacht und selbst die meisten Steakhäuser bieten vegetarische Gerichte an.
Über acht Millionen Deutsche ernähren sich derzeit vegetarisch, hinzu kommen 900.000 Veganer und – so Schätzungen des Vegetarierbundes – eine riesige Gruppe von 42 Millionen Flexitariern, Teilzeitvegetariern also, die an drei oder mehr Tagenin der Woche auf Fleisch verzichten. Diese Entwicklung beeinflusste nicht nur den Obst- und Gemüsemarkt positiv, sie verlangte auch nach immer neuen sogenannten Fleischersatzprodukten.
Und hier kommt die Jackfruit ins Spiel. Sie stammt ursprünglich aus dem südlichen Indien, ist aber inzwischen in ganz Südostasien zu Hause, wächst an bis zu 25 Meter hohen, immergrünen Riesenbäumen, die zur Familie der Maulbeergewächse gehören, kann – je nach Sorte – bis zu einem Meter lang und 20 Kilogramm schwer werden (die schwerste jemals geerntete Jackfruit wog übrigens 42 Kilo) und gilt als größte Baumfrucht der Welt.
Jackfruits enthalten besonders viel Stärke und einen hohen Anteil an Kalium, die Kerne sind reich an B-Vitaminen, Magnesium und Eisen – kein Wunder, dass die Früchte in ihren Herkunftsländern zu den Grundnahrungsmitteln gehören.
Für die vegetarische Küche zählt besonders, dass das Fruchtfleisch noch unreifer Jackfruits – wird es gekocht – seinen süßlichen Geschmack verliert und eine faserige Konsistenz bekommt – fast wie Hähnchenfleisch. Genau das macht die Tropenfrucht zum einfachen und zudem gesunden Fleischersatz.
Während Otto Normalverbraucher auf die inzwischen reichlich angebotenen Jackfruit-Konserven setzt, ordern Profiköche bei uns meist ganze Früchte.
Holger Joost, seit November 2017 Head Chef, also Küchendirektor des Grand Hyatt Berlin, ist einer unserer besten Jackfruit-Kunden. Das liegt vor allem daran, dass in der Fünf-Sterne-Luxusherberge am Potsdamer Platz viele internationale Gäste absteigen, die – so Joost – „weit gereist sind, Jackfruitgerichte kennen und natürlich auch bei uns danach fragen.“
Andererseits ist Holger Joost auch selbst ziemlich viel auf der Welt herumgekommen – Dubai, Sri Lanka, die Malediven – und hat in diesen Ländern berufl ich mit der Jackfruit seine Erfahrungen gemacht.
Während eines Großmarkt-Besuches – eine ganze Reihe Berliner Küchenchefs kommen regelmäßig auf den Fruchthof, um sich über Neuheiten zu informieren – berichtete er über seine erste „Begegnung“ mit einer Jackfruit.
Das war, ich erinnere mich noch gut an die Erzählung des Grand-Hyatt-Head-Chefs, in Sri Lanka, wo Joost zwei Jahre lang für die kulinarischen Belange von fünf Häusern der Uga-Escapes-Company zuständig war, einer einheimischen Betreiberin von Luxushotels.
In diesem Gespräch erwähnte er die so genannte Honey Jackfruit, die „geschmacklich beste Sorte“, die ihm jemals untergekommen sei. Trotz vieler Anfragen bei verschiedenen Lieferanten ist es uns allerdings nicht gelungen, diese, offenbar auch in ihren Herkunftsregionen seltene Sorte, nach Berlin zu holen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einige Bemerkungen über die derzeit viel diskutierte ökologische Sinnhaftigkeit solcher Importe wie der Jackfruit machen.
Kürzlich las ich in der Hamburger ZEIT einen sehr interessanten Artikel von Francesco Giammarco, der zu diesem Problem schrieb: „Einerseits hat es positive Auswirkungen auf den eigenen ökologischen Fußabdruck (und das eigene Gewissen), seinen Fleischkonsum zu reduzieren. Andererseits muss die Jackfrucht … eine relativ lange Reise antreten, bevor sie in Deutschland in den Regalen landet … entsprechend hoch ist die CO2-Belastung.“
Wiederum für die Jackfruit spricht, dass der Baum äußerst robust und leicht zu kultivieren ist und zudem wenig Wasser benötigt – im Gegensatz etwa zur Avocado, einer anderen Trendfrucht. So gesehen ist die Jackfruit durchaus eine klimaresistente Alternative.
GRAND HYATT BERLIN
Marlene-Dietrich-Platz 2
10785 Berlin-Tiergarten
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