Herren der Ringe – Die Baumkuchenprofis
„Baumkuchen werden heute noch so gebacken wie vor 100 Jahren“, erklärt Florian Lambeck, „außer, dass damals die Apparate handbetrieben wurden und die Menschen noch nicht zwischen Bio-Eiern und solchen aus konventioneller Haltung unterscheiden mussten.“ Lambeck, 48, Konditormeister und Chef der Konditorei von Beumer&Lutum, ist ein gestandener Baumkuchenexperte. Schon während seiner Ausbildung kam er mit der Krone der Konditorkunst in Berührung, für die Meisterprüfung entwickelte er sogar ein eigenes Rezept. So richtig zum Zuge kam er mit seiner Baumkuchen-Leidenschaft jedoch erst im letzten Jahr, als Beumer&Lutum in eine der sündhaft teuren Baumkuchenmaschinen der Wedeler Firma Schlee International investierte. „Nachdem das aufwändige Traditionsgebäck lange Zeit ein bisschen in der Versenkung verschwunden war, erlebte es jüngst ein Comeback“, erzählt Lambeck, „also sprangen wir auf den Zug auf und schafften das notwendige Equipment an.“
Was ist entscheidend für die Qualität?
Bevor wir der heiligen Handlung der Baumkuchenherstellung beiwohnen dürfen, gibt Meister Lambeck noch den wahrscheinlich wichtigsten Hinweis: „Entscheidend für die Qualität eines Baumkuchens ist die Masse.“ Damit meint er das, was wir Laien normalerweise Teig nennen. Lambeck folgt, was die Zutaten seiner Masse betrifft, einem zwar ungeschriebenen, aber von den meisten Profis anerkannten Baumkuchenreinheitsgebot: Butter, Zucker, Eier („ausschließlich Bio-Eier und frisch aufgeschlagen“), Mehl („wir setzen auf Dinkelmehl“), Vanille und Zitronenabrieb („fürs Aroma“) und ein bisschen Marzipan („für die Frische“) – mehr nicht. Kein Rum, keine Tonkabohnen, keine Trockenfrüchte und schon gar nichts aus dem Chemiebaukasten. Immer prüft Florian Lambeck die Konsistenz der Masse. Cremig muss sie sein, und fließen muss sie. Dann füllt er sie in die Wanne der Baumkuchenmaschine und taucht die drehende Walze in die Masse. Anschließend wird gebacken, Schicht für Schicht, pro Schicht eine Minute, sechzehnmal.
Sind Soderanfertigungen für Kunden Möglich?
Spätestens wenn die anderthalb Meter lange Walze gewechselt werden muss, weiß man, weshalb zur Baumkuchenbäckerei immer zwei gehören. Lambecks zweiter Mann ist der Konditor Dennis Kirchmeier, 34, einst sein Lehrling und genauso baumkuchenverrückt wie Florian Lambeck. Wenn die Baumkuchen erkaltet sind, entfernt Kirchmeier die Stangen, schneidet das Backwerk in Scheiben und halbiert sie. Die halbmondförmigen Ringe werden nun, ebenfalls maschinell, mit einer Zartbitterkonfitüre – Kakaoanteil: solide 60 Prozent – überzogen, gekühlt und verpackt. Lediglich Sonderanfertigungen auf Kundenwunsch schokoliert Meister Lambeck noch in klassischer Handarbeit.
Entstanden ist ein Gebäck, das keinen Vergleich scheuen muss. Der Teig ist saftig, die Schokolade knackig, der Geschmack hält sich lange im Mund – schade eigentlich, dass der Beumer&Lutum-Baumkuchen nur in der kalten Jahreszeit gebacken wird.