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Sabina Lischkas Käserei – Teil 2

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Sabina Lischkas Käserei ist auf der Zielgeraden.

Wie überall im Leben gibt es auch in der Gründerszene ganz verschiedene Typen. Die einen hauen marketingmäßig dermaßen auf die Pauke, dass einem fast das Trommelfell platzt: Facebook, Flyer, Messeauftritte, Presseaussendungen, die Höhle der Löwen, sie lassen nichts aus. Selbst wenn keiner fragt, sie antworten trotzdem. Die anderen sind die Stillen – wie Sabina Lischka. Die diplomierte Architektin hatte sich schon vor geraumer Zeit – des standardisierten Bauens überdrüssig – einer neuen Profession zugewandt: der Käserei.  In Schleswig-Holstein ging sie bei einem erfahrenen Käsemeister in die Lehre, im Allgäu absolvierte sie Praktika, in Sachsen-Anhalt übernahm sie dann die Leitung einer kleinen Käserei. Dem Wunsch, sich mit dem erworbenen Wissen selbstständig zu machen, folgte die Suche nach einem geeigneten Ort. Einem glücklichen Zufall verdankte Sabina Lischka, dass sie fündig wurde – auf einem Bio-Bauernhof in Blankenfelde. Unterstützung bei Behörden, Vereinen oder Verbänden – eigentlich nahe liegend – fand die Unternehmensgründerin übrigens trotz etlicher Anfragen nicht. Und Fördermittel beantragte sie erst gar nicht.

„Blankenfelde ist weder strukturschwach noch gewerbearm, es wäre also nur vertane Zeit gewesen“, so die 37-Jährige. Umso mehr war sie für die Hilfe der beiden Bio-Bauern dankbar: Prof. Dr. Udo Pursche und Dr. Volker Woltersdorff. Der Hochfrequenz- und Mikrowellenprofessor und der Kultur- und Literaturwissenschaftsdoktor hatten vor acht Jahren ein Anwesen an der Blankenfelder Dorfstraße übernommen, zu dem neben dem Bauernhaus, Ställen und Scheunen auch 22 Hektar Grün- und sechs Hektar Ackerland gehören. Dazu Bressehühner, Pommerngänse und – für Sabina Lischka besonders interessant – Jerseykühe. Aus deren Milch wollte Sabina Lischka spätestens im Dezember 2018 den ersten Käse machen, doch das Bauamt des zuständigen Landkreises Teltow-Fläming ließ sich Zeit mit der Genehmigung für den Umbau des ehemaligen Schlachthauses in einem der Ställe. Andere hätten Krawall gemacht, auf den Tisch gehauen, Anwälte eingeschaltet, sie aber beließ es bei einigen frustigen SMS an ihre Freunde. Sabina Lischka – die Stille eben.

 

„2. Februar 2019 – wir haben Estrich verlegt und ich habe kurzfristig einen Fliesenleger gefunden. Wenn’s weiter so läuft, kann ich im März Käse machen“, so lautete Sabina Lischkas letzte Meldung über den Stand der Dinge. Bei unserem Besuch in Blankenfelde drei Wochen später ist tatsächlich das winzige Schild am Briefkasten „Käserei i. G.“ verschwunden. Ein neues, ebenso unscheinbares, verkündet: „Käserei“, damit die endlich erfolgreiche Unternehmensgründung dokumentierend. Der Hof wirkt dann allerdings wie eine Großbaustelle. „Wir bauen eine neue Sickergrube“, beruhigt uns Volker Woltersdorff, „das hat mit Sabinas Käserei nur indirekt zu tun.“ „Was heißt indirekt?“ Woltersdorff, der sich auf dem Blankenfelder Bauernhof um die Tiere kümmert und dafür seinen Wissenschaftlerjob an der Freien Universität an den Nagel gehängt hat, zeigt auf die Scheune: „Hier entsteht noch ein Stall für dann insgesamt acht Jerseykühe, damit die Käserei in Zukunft täglich rund 100 Liter Milch verarbeiten kann.“ „Wieviel Liter geben denn die Kühe am Tag?“

Volker Woltersdorff lädt uns zum Melken ein. Zweimal am Tag müssen er und die Kühe ran, morgens gegen halb acht das erste Mal, rund zwölf Stunden später noch einmal. Annabella und Venus, die beiden Jerseys, liefern jetzt 16 Liter Morgenmilch. „Die Milchleistung ist zwar geringer als die der in Deutschland verbreiteten Holstein-Kühe“, so der Bio-Bauer, „dafür allerdings ist die Jersey-Milch besonders gehaltvoll, etwa mit dem doppelten Beta-Karotingehalt und mit 30 Prozent mehr Kalzium.“ „Und außerdem ist sie durch ihre günstige Proteinzusammensetzung ideal für die Käseherstellung“, ergänzt Sabina Lischka, die uns inzwischen begrüßt hat.

Sie wirkt ausgeglichen und unaufgeregt, der Behördenstress scheint Geschichte. Sie führt uns in die fast fertige Käserei und zum ersten Mal spüren wir so etwas wie Stolz bei der Jungunternehmerin. Sabina Lischka hat auch allen Grund, stolz zu sein. Blitzblanke Räume und Geräte, eine Bilderbuch-Käserei, alles ohne „externes Kapital“ gestemmt, die Projektierung und die meisten Bauleistungen ebenfalls oder mit Hilfe von Freunden.

Selbst ihr Käserei-Logo hat sie am heimischen Computer entworfen. Eine starke Frau, die solide Arbeit liebt und öffentlicher Aufmerksamkeit nichts abgewinnen kann. Deshalb wiegelt sie auch sofort ab, als wir sie nach einem Termin für einen Käsetest fragen. „Ich muss erst mal starten, mich einfuchsen“, sagt sie. Und der Käse brauche Zeit zum Reifen. „Dafür muss ich noch eine Kühlung für den Reiferaum bauen“, ergänzt sie, „ein Aggregat kostet 15.000 Euro, die sind nicht drin, deshalb werden wir den Raum mit Brunnenwasser kühlen, das sowieso durch eine Leitung läuft.“ Immerhin wird es eine Käserei-Eröffnungsparty geben, nach Ostern. „Dann können Sie auch Blankenfelder Käse probieren.“

Käserei Blankenfelde
Leider geschlossen!
www.kaeserei-blankenfelde.de
Hier geht es zum ersten Teil: Sabina Lischka gründet Hofkäserei – Teil 1

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